Augustin, Editorial, Familie, Illustration, Liebe

Und trotzdem davon träumen

Der Bettelprinz von Vera Vasilkovic, Boulevardzeitung Augustin, Illustration: © Silke Müller | Linz

… eine “richtige” Familie zu werden

 

“Martin war vielleicht kein perfekter Ehemann und Vater, doch oft, wenn wir nach Hause kamen, fanden wir ein Säckel, das er von den Katholischen Schwestern bekommen hatte, an unserer Türe hängen, voll mit Lebensmitteln. (…)

Als keine Taschen an der Türe hingen und auch keine Zettel und auch er nicht mehr auftauchte, hofften wir, dass er wieder irgendwann auftauchen würde. Manchmal verging ein Jahr, in dem wir ihn nicht sahen, und dann, wie aus dem Nichts, klopfe jemand an der Türe – da stand er da, betrunken oder nüchtern.”

Im Text „Der Bettelprinz“ setzt sich Vera Vasilkovic mit dem Tod des Vaters ihrer jüngsten Tochter und mit ihrer Beziehung zu ihm auseinander.
Der Artikel erschien in 2 Teilen im Augustin. Über den 1. Teil habe ich hier geschrieben.

Der Augustin

Seit ein paar Jahren illustriere ich für Wiens Straßenzeitung. Es sind immer “heavy” Texte, die mir sehr oft von mir ganz Unbekanntem erzählen. Ich habe von Zwangsmedikation in Haft, der Novelle des Erwachsenschutzgesetzes und vielen sehr persönlichen, schweren Geschichten gelesen. Man lernt viel durch das illustrieren von Zeitung- und Magazinartikeln. Das ist etwas Großartiges an diesem Beruf.
Ich schätze es sehr, für den Augustin zu illustrieren und die bereichernde Zusammenarbeit mit den Redakteurinnen.

Diese Straßenzeitung finanziert sich ganz ohne Förderungen. Nachdem in letzter Zeit die Verkäufe zurück gehen und es die VerkäuferInnen immer schwerer habe, gab es eine Supporter Konferenz und viele Presseberichte über das soziale Klima in Wien, das Mensch in Armut sehr kalt trifft.

“Der AUGUSTIN wurde 1995 nach dem Beispiel amerikanischer, britischer oder französischer Straßenzeitungen gegründet. Der Verkauf der Straßenzeitungen hilft Menschen, die aus verschiedenen Gründen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind (Obdachlosen, Langzeitarbeitslosen, Asylwerber_innen u.a.), ihre Not zu lindern. Professionelle Sozialarbeiter_innen des AUGUSTIN sind an ihrer Seite. Vorrangiges Ziel der AUGUSTIN-Sozialarbeit ist aber nicht, die Marginalisierten jobready zu machen, sondern ihren Ausbruch aus der Entmündigung zu fördern.
Die Zeitung selbst definiert sich einerseits als Stadtzeitung, auch mit unterhaltenden Elementen, andererseits als Forum radikaler Kritik aller Formen sozialer Ungerechtigkeit und als Plattform der Marginalisierten. Sie wird von professionellen Journalist_innen und Grafiker_innen gemacht. Eine Definition aus beobachtender Sicht: Der AUGUSTIN ist das soziale Gewissen Wiens (Prof. Fritz Hausjell, Publizistik-Institut Wien).” Augustin